Schweinfurter Radierwerkstatt

Die Wurzeln der Schweinfurter Radierwerkstatt gehen zurück auf das Jahr 1980. Damals scharte die unvergessene  iranische Künstlerin Eschrat Tellert eine kleine Gruppe kunstinteressierter Leute um sich und führte sie in die Geheimnisse des Tiefdrucks, der Radierung, ein. Die ersten Kurse fanden damals noch im Rahmen der vhs in den Räumen des SKF-Freizeitgebäudes in Schweinfurt statt.

Frau Tellert war eine talentierte Künstlerin, die ihre märchenhaften Farbradierungen mit orientalischer Phantasie in meist leuchtenden Farben und handwerklicher Perfektion zu Papier brachte. Als Autodidaktin war sie ständig bemüht, ihr Wissen zu  vertiefen. So besuchte sie regelmäßig Mal- und Radierkurse namhafter Dozenten und erweiterte ihre Kenntnisse alle zwei Jahre an der Internationalen Salzburger Sommerakademie.

Eschrat Tellert war aber nicht nur Künstlerin, sondern vor allem auch eine begabte Kunstpädagogin, die ihre Schüler professionell und konsequent in die Geheimnisse der Radierkunst einführte und das Interesse daran auch stets wachhielt.

Nachdem sich die Radiergruppe schnell einen Namen machte, suchte man bald nach anderen Räumlichkeiten, die es ermöglichten, alle Techniken des Tiefdruckes auszuüben. Man fand ein neues Domizil in den vhs-Räumen des ehemaligen Städtischen Krankenhauses in der Robert-Koch-Straße. Hier hatte man endlich ein Raumangebot, das den Vorstellungen der Künstler entsprach. In den kommenden Jahren entstanden hier Drucke in den bekannten Techniken wie Kaltnadel und Farbradierung , aber auch weniger Bekanntes wie Mezzotinto, Vernis Mou, Zuckertusche und Heliogravure wurde praktiziert. So fanden die meisten Gruppenmitglieder bald zu ihrem eigenen unverwechselbaren Stil. Zahlreiche Ausstellungen im Schweinfurter Umland sowie Kunstkalender, Plakate und Kunstbücher machten Eschrat Teller und ihre Schüler zunehmend bekannter. Auch in Partnerstädten Schweinfurts in Finnland, Frankreich und Schottland wurden die Arbeiten der Künstler gezeigt.

Zum 25-jährigen Bestehen hat Eschrat Tellert die Leitung der Radiergruppe abgegeben.

Fast gleichzeitig mit dem Ende der "Ära Tellert" endete auch die Zusammenarbeit mit der vhs-Schweinfurt. Die Gruppe musste 2009 die Räume im alten Krankenhaus verlassen und sich eine neue Unterkunft suchen. Nach einem Zwischenspiel in Dittelbrunn fand sie 2012 ihre neue Heimat in einer ehemaligen Pizzeria in der Georg-Schäfer-Straße in Schweinfurt. Die Künstler nennen sich jetzt "Schweinfurter Radierwerkstatt".

In den neuen Räumen ist genügend Platz für 8 Arbeitstische, 2 Druckpressen und eine Holzschnittpresse sowie für Ätzbäder, Staubkästen und eine Absauganlage. In einem lichtdichten Nebenraum steht ein Vakuum-Belichtungsgerät zum Herstellen von Heliogravure-Platten. Die Werkstatt ist hell und bietet genügend Wandflächen zum Ausstellen der aktuellen Werke.

Sie bietet auch Platz für viele Besucher die den jährlichen Tag der offenen Tür nutzen, um die ausgestellten Werke der Künstler zu bewundern und die verschiedenen Arbeitsbereiche zu besichtigen. Man kann an diesem Tag auch Schritt für Schritt die Entstehung und den Druck einer Farbradierung von mehreren Platten miterleben.

In den neuen Räumen entstanden auch die Druckgraphiken für eine fantasiereiche Ausstellung im Schweinfurter Rathaus, die 2013 im Rahmen der Landesausstellung Main und Meer zu sehen war. Die Exponate wurden von Presse und Publikum einhellig gelobt. Zu verdanken ist dieser Erfolg zum großen Teil Hans-Georg Schmidt, dem Werkstattleiter der Künstlergruppe. Er hat das Druckerhandwerk von der Pike auf gelernt und steht seinen 'Radierern' mit wertvollen Ratschlägen und aufbauender Kritik stets hilfreich zur Seite.

In der Schweinfurter Radierwerkstatt arbeiten zur Zeit 18 Künstler, die zwar alle Radierungen herstellen, die sich aber trotzdem alle voneinander unterscheiden. Jeder hat seine eigene Technik, seine persönliche Ausdrucksweise gefunden. Was sie alle vereint ist die Liebe zur Druckgraphik. Sie halten es mit Joan Miro der einmal sagte:

"Die Druckgraphik ist für mich ein Mittel zur Erlangung eines höheren Ausdrucks."

 Dieter Kraft